Warum ich so was schreibe? Nun ja, folgende Begebenheit: Schlendernd durch die Stadt, Schweinegrippe noch akut aktuell, treffe ich eine Bekannte im DM- Markt. Noch nichts sonderlich Ungewöhnliches. Man kommt so ins Gespräch, was man den hier so macht, wie der morgendliche Stuhlgang war und was man denn so einkauft. Letztere Frage war überflüssig, weil sie fast meinen Glauben in die menschliche Vernunft auf’s Brutalste getötet hätte: „Ich hab mir Vitaminpillen und homöopathische Mittel zum Vorbeugen gegen die Schweinegrippe geholt! Ich will nicht, dass ich mich da anstecke! Prophylaxe, nee?!“ Gefangen im Schraubstock zwischen Wein- und Lachkrampf, der mir jeden Moment den Schädel zu zerquetschen drohte, schaute ich auf meine imaginäre Uhr und transzendierte durch die Tür der scheinbar mental letalen Parfümwolke des Drogeriemarktes. Es ließ mich nicht los. Vitamine gegen Schweinegrippe... Ich bin kein Arzt, aber ich würde vermuten, dass Produkte mit künstlichen Vitaminen genau so wirksam sind wie das Kauen einer Ginsengwurzel nach dem ungeschützten Verkehr mit einem „No – Angels"-Mitglied als AIDS- Prävention. Doch der Schrecken hatte keine Ende. Erwähnte Person lies nicht ab von mir und hing wie ein Damoklesschwert über meinem Verstand. „Der sieht doch so aus, als könnte er die Schweinegrippe haben!“ „Wie kommst du darauf!?“ „Wegen der merkwürdigen Hautfarbe!“ „Das ist normal: Er ist Asiate!“ (Gut, letzter Dialog ist fiktiv, aber dennoch durfte ich mir paranoide Gedankenstränge ähnlicher Absurdität anhören.)
Geschockt von diesem Paradebeispiel an geistiger Orientierungslosigkeit malte ich mir Szenarien aus, wie die Welt aussehen würde, wenn solch eine kognitive Einbahnstraße, endend in einer Sackgasse, auch ansteckend wäre:
Man läuft durch die Straßen. Michael Jackson als Prophet vergöttert, da er als erster eine Gesichtsmaske trug. Mit Strasssteinen bestickt nutzt Christian Audigier seine Chance und fusioniert mit Pharmaherstellern: „Ed Hardy- Mundschutz“. Das Vermummungsverbot wird aufgehoben, weil jeder bis an die Zähne verschnürt ist, Infusionsständer mit Vitaminpräparaten Gassi führt... Es wird nichts mehr zu sich genommen, was einen Schatten wird. Schwein ist verboten. Hühnchen ist verboten. Rind sowieso. Zwangsvegetarier der Spitzenklasse! Linksautonome ziehen durch die Straßen, ausgehungert und am Rande ihrer Kräfte, verzweifelt skandierend: „Wir wollen keine Bullen.... verdammt... Schweine geht nicht! Dann halt: Wir wollen keinen Schnittlauch!“ Wie bei Harry Potter werden diverse Vokabeln aus dem Sprachschatz gestrichen, zum Schutze aller...
Ein Szenario wie nach der Hochzeit von Kevin Costner und Mel Gibson in „Waterworld“ und „Mad Max“... Aber ich schweife ab...

Nun ja, was ich eigentlich damit sagen will: Um auf der Panikwelle zu surfen sollte man sich doch zumindest mal ein solides Brett aus Infos zusammenschustern, bevor man mir einer geistigen Spanplatte versucht einen medialen Tsunami herabzugleiten. Dies verhindert nicht nur den Schuss ins eigene Knie, es verschont auch die soziale Umgebung vor selbstzerstörerischen Aktivitäten, wie dem blinden gegen eine Mauer Laufen.

In diesem Sinne: Keine Panik. Möglicherweise gleichen sich ja das BSE und die Hühnergrippe, die wir wahrscheinlich alle in uns tragen, die Schweinegrippe aus.