Artikel: Erde an Hasenpups[ Kolumne ]
29.12.2005  |   Klicks: 6630   |   Kommentare: 17   |   Autor: kroko
Erde an Hasenpups
Fast jeder benutzt sie mehr oder weniger häufig in der aktiven Zweierbeziehung. Die Verwendung von Kosenamen ist wie Gleitcreme im kommunikativen Partnerclinch. Sorgt sie für reibungslose Zwischenmenschlichkeit oder rutschen wir auf ihr aus und fallen unsanft über die Peinlichkeitsschmerzgrenze? Eine Kolumne, zwei Meinungen: DoMundo und Kroko beziehen Stellung.
verbales Gleitmittel
Männer wie Frauen geben wichtigen Dingen in ihrem Leben zärtliche Namen.
Dem neuen Cabrio, der schmucken Yacht und nicht zu vergessen ihrem kleinen nacktmullartigen Freund.
Auch über die Namen neuer Markenprodukte grübeln ganze Heerscharen überbezahlter Creativer (mit C bitte). Nichts wird hier dem Zufall überlassen.

In der monogamen Zweierbeziehung jedoch überlassen wir die Namenswahl dem Unterbewussten, dem schnoddrigen Spiel der Augenblickslaune.

Kosenamen – wenn wir merken, dass wir sie benutzen, tut es oft schon weh:

"Bärchenkrauler, kannst Du mir mal das Weißbrot reichen, bitte?"
(Auf einem wichtigen Geschäftsessen.)

"HALLO, hier müssen wir abbiegen! Erde an Hasenpups!"
(Wenn sie mal wieder am Steuer mit ihren Gedanken woanders ist.)

"Hier ist noch ein Platz frei, Elefantenpopöchen!"
(Quer durch den Hörsaal geschrieen.)


Kosenamen – zum Kuscheln oder zum Kotzen?
Eine Kolumne, zwei Meinungen.

Kosenamen: Ja – bitte! (kroko)
Kosenamen: Nein – danke! (DoMundo)



Kosenamen: Ja - bitte! (kroko)

Sag mir, wie Du Deinen Lebensabschnittspartner nennst und ich sage Dir, wie lange der Lebensabschnitt andauern wird.

Kosenamen sind die Temperaturanzeige unserer gefühlten Beziehungstiefe.
Wir brauchen Kosenamen, um zu wissen, wo wir in unserer Beziehung stehen.

Am Anfang, wenn die Liebe heiß aus uns herausquillt, wie feuriges Magma aus einem frisch eruptierten Vulkan; da sprechen noch die Körper zueinander. Der Worte sind noch nicht gewechselt, lasterhafte Taten sprechen

Erst wenn die Leidenschaft langsamer fließt und an Hitze verliert, versucht man sich im Animalischen, gibt sich Tiernamen.
Bär, Eule, Schaf, tasmanischer Teufel und Gnu sitzen im trauten Miteinander auf der von Verliebtheit lockeren Zunge.

Kommt das im Standbymodus ruhig gestellte Gehirn auf Touren, generieren Synapsen und Hormone beängstigende Tiermutationen, und aus dem Reiche der Kryptozoologie kriechen Schatzimausibär, Maulwurfsbaby und Katziknuddel ans Licht des gemeinsam geführten Alltags.
Wer diesem Treiben nicht Einhalt gebietet, braucht sich nicht zu wundern, wenn eines Tages deren inzestuöse Kosenamen-Versuchslaborbrut über den Wohnzimmerteppich krabbelt: Hasihirschentenfüßchen.

Doch auch der Karneval der Tiere hat seinen Aschermittwoch und wir wenden uns wieder dem Ernst des Lebens zu, sehen unser Beisammensein aus einer höheren Warte. Als Menschen die Beziehungen führen, betrachten wir uns dann als Staaten. Behandeln uns mit diplomatischer Raffinesse, wie Außenminister auf Dienstreise und leihen uns Zärtlichkeiten aus anderen Sprachen: Honey, Darling oder Cheri.

Später, in einer möglicherweise feindlichen Umgebung besinnen wir uns vielleicht kurzzeitig wieder auf unsere gemeinsame Identität, werden zu Lokalpatrioten unserer Beziehung und deutschen die Kosewörter ein, sagen "Honigtöpfchen" statt Honey und "meine kleine Kirschpraline" statt Mon Cheri.

Und ich sage Euch, es wird der Tag kommen, da werdet ihr gar nicht mehr wissen, dass ihr einst alleine gelebt habt. Die Spielekonsole schenkt man sich nicht mehr gegenseitig, sondern den Kindern, das Haus ist halb abbezahlt, man sieht in den Spiegel und erschrickt ob der Ähnlichkeit im Inneren wie im Äußeren: Was machen denn meine Eltern da?

Nur mit einem Bügeleisen zu Weihnachten kann der romantisch veranlagte Ehemann seine Frau glücklicher machen, als mit dem durchs Haus trompeteten Nickname "Mutti" oder "Mama".
Und jeder Kerl kriegt glänzende Augen, wenn er von seiner Liebsten, der er einst Mercedessterne von Bonzenautos pflückte, mit "Vati!" oder "Papa!" aus dem Hobbykeller zum Mittagessen gelockt wird.


Darum sage ich "JA!" zu Kosenamen. Sie sind in freudscher Weise ehrlich, Kosenamen können unsere Beziehung katalysieren.

So stand ich neulich in der voll besetzten Straßenbahn:
"Du Hasenpupsilein, wie viele Stationen sind's denn noch?"
"Nenn mich nicht Hasenpups" schrie mein kleiner Hasenpups wütend.
"Aber Hasenpups", entgegnete ich voll zärtlicher Ruhe und blickte auf die stumm starrenden Münder der anderen Fahrgäste, "Kosenamen sind das Thermometer, das die Temperatur unserer Beziehung zueinander angibt."
"Steck Dir Dein Thermometer sonst wo hin, Pimmelzwerg!"

Nennt sie dich in der Öffentlichkeit Pimmelzwerg, ist die Beziehung zu Ende.



Kosenamen: Nein – danke! (DoMundo)

Vor ungefähr 22,5 Jahren haben sich meine Erzeuger ausführlich (Anmerkung der Redaktion: Vermutung der Autorin) Gedanken darüber gemacht, wie die Identifikation, der Name, die Bezeichnung ihres ersten Sprosses lauten soll. Heraus kam ein Name, der öffentlichkeitstauglich, gesellschaftlich akzeptiert, einfach zu merken, auszusprechen und zu schreiben ist und meines Erachtens keinerlei Anlass bietet ihn umgehend zu ändern. Dennoch gibt es Scharen von Menschen – Männer wie Frauen – die ihr Faible für Kose- und Spitznamen an mir ausleben wollen. Ich frage mich: WARUM?

Ich bin weder ein Nagetier (Mäuschen, Hase), noch sind Adjektive nötig um Dinge hervorzuheben, die der subjektiven Meinungsbildung unterliegen (du Hübsche, Süße). Auch reichen meines Erachtens einzelne Attribute nicht aus, um mich zu Substantivieren (blonde Haare à Engelchen, unbezahlbar à Schatz). Ich möchte hiermit aller Welt mitteilen, dass meine Erzeuger autoritärer Natur sind und ihre Entscheidung in Sachen Namensgebung zu akzeptieren ist.

So, das war in eigener Sache… nun werden einige (zu Recht) zu bedenken geben „Ja, aber, ich kenne ihren Namen doch gar nicht. Ich kenne nur ihren Nickname.“ Korrekt. In der Welt der Anonymität flüchte ich mich – wie die meisten anderen Internet- User – in eine deskriptive Wunschvorstellung meiner selbst, um zum Einen die Privatsphäre zu wahren, aber auch, um mich hinter der selbst erwählten Maske zu verstecken. Kroko z.B. wünscht sich zu Weilen, groß, stark und Angst einflößend zu wirken. Wir lassen ihm diesen Wunsch und benennen ihn auch im realen Leben nach dem Stoff aus dem Handtaschen gemacht sein sollten. In einer Welt voller Fremder ist das absolut akzeptabel!

Kosenamen hingegen, die wir nicht von den Scharen flüchtiger Bekannter des Cyberspace verpasst bekommen, sondern von Menschen, die uns nahe stehen und einen wichtigen Bestandteil in unserem Leben eingenommen haben, finde ich überflüssig bis nervend und ätzend. Ein „Süße, du siehst heute umwerfend aus.“ hat für mich so viel Bedeutung wie ein „Guten Morgen.“ vom Hausmeister. Es ist eine achtlos daher gesagte Floskel, Alltagsbemerkung oder gar Schutzschild. Es wurde etwas Positives gesagt ohne es persönlich werden zu lassen, denn „Süße“ kann jedes beliebige weibliche Wesen auf diesem Planeten bezeichnen (Lebensformen jenseits der Atmosphäre widmen wir uns ein anderes Mal). Dennoch ist man aus dem Schneider, denn man war ja nett, höflich, motivierend.

Pustekuchen. Ich will besonders für diesen einen besonderen Menschen in meinem Leben nicht jemand x-beliebiges sein. Schätze hatte er sicher schon mehrere, aber hatte er auch schon jemanden, dessen Eintrag auf dem Personalausweis unter der Kategorie „Vorname“ identisch mit dem meinen ist? (Anmerkung der Autorin: aus persönlicher Erfahrung muss ich gestehen, so was passiert zwar auch ab und zu, aber das ist dann wohl eher Zufall.)

Eine Betitelung nach dem Muster „Hasenpups“ oder „Sahneschnitte“ zeugen meines Erachtens nicht von überwältigender Kreativität (mit „K“) des Designers sondern von mangelhaftem Gedächtnis oder mir ungenügendem Interesse. In beidem Fällen bedeutet dies eine Selbstdisqualifikation des Umwerbers. Ich erwarte daher von denen, die meine Aufmerksamkeit erwünschen, sich meinen Namen zu merken oder so viel Rückgrat zu haben bei Vergessen dies aufrichtig durch Nachfragen einzugestehen.

Deshalb: nenn mich Süße und ich werde sauer!

---> [articlelink75]DoMundos Kolumne[/articlelink75]
Hasihirschentenfüßchen
 
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17 Kommentare zu diesem Artikel
29.12.05, 12:11 Uhr #1 von Tinchen78
ganz deiner meinung DoMundo
Dieser Eintrag wurde 2 mal editiert, zuletzt 29.12.05, 12:11 Uhr
30.12.05, 12:47 Uhr #2 von lerka
echt klasse
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 30.12.05, 12:47 Uhr
30.12.05, 13:13 Uhr #3 von MarcD
in der Kolumne hab ich einmal das Wort Ente entdeckt
01.01.06, 18:14 Uhr #4 von karotte82
LOL
@DoMundo:

hey suesse!
also ich find's schnuckelig, wenn du sauer bist! *fg*
liebe gruesse,
das karottenhaeschen

ps.: net aufregen!
02.01.06, 16:07 Uhr #5 von frogger
@Beide: Habt ihr eigentlich nix zu tun?
@DoM: Dachte du musst soviel für deine DA machen meine Süße,meine Kleine, meine Joggerbraut
@Kroko: Also ich persönlich wäre ja für Feldhamsterbäckchen
@MarcD: du Ente.... warst mal wieder Haare-schneiden?
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 02.01.06, 16:07 Uhr
04.01.06, 13:52 Uhr #6 von seen_me
Das war mal wieder amüsant

Besonders der Part in der Straßenbahn

@Kroko: In Deinem sechsten Absatz das mit den Beziehungen/Staaten hört sich für mich doch sehr verdächtig nach einem Auszug aus "Dein ist mein ganzes Herz" von den Schröders an....
04.01.06, 19:50 Uhr #7 von kroko
sehr gut erkannt
das Original ist von Heinz Rudolf Kunze aus dem Jahr 1985
09.01.06, 17:14 Uhr #8 von Lolly80
@Kroko: Das Original ist immer noch am besten ... und passt auf die letzte Manne und Frauen Geschichte meinserseits ...
@ seen_me/Kroko: Die Straßenbahn ist echt der Beziehungsmesser in Manne, das ahbe ich langsam verstanden ...
@DuMondo: Ich kenne deinen wahren Namen ...

So, und nun werd ich mal weiter über meinen Kolumnen sitzen, danke für den Input, werde euch löblich in den Credits erwähnen (Ja, mit Korrekter Quellenangabe nach Leitfaden)
09.01.06, 21:06 Uhr #9 von Spyridon
@Kroko .. du Romantiker
@DoM .. ey ... gegen meine Kosenamen hattest du nie was Zudem gebe ich zu bedenken dass es Wunderbare Kosenamen gibt ... nehmen wir mal z.B. Elfenpopöchen oder Grupfschlampe (So wie zwei sich hier vom sh.de gegenseitig nennen )
09.01.06, 21:09 Uhr #10 von DoMundo
@Spy: ICH HATTE NIX GEGEN DIE BETITELUNG "BABE"?? biste taub oder was?? oder ich einfach zu nachgiebig??
09.01.06, 21:11 Uhr #11 von Spyridon
nö hattest nix dagegen ... aber vielleicht bist du einfach zu alt geworden BABE
09.01.06, 21:12 Uhr #12 von DoMundo
@spy:
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 09.01.06, 21:12 Uhr
09.01.06, 21:18 Uhr #13 von Spyridon
das nenn ich sprachlos
11.01.06, 15:17 Uhr #14 von Lolly80
@Spyridon: Aber immerhin haben die Jungs von Take That (Waren die da noch mit Robbie?) ihr ein Lied gewidmet ...
11.01.06, 22:59 Uhr #15 von DoMundo
@Lolly: und das war ein RIESEN hit.. wow.. meinetwegen sind Take That so erfolgreich geworden. Meinetwegen hatte der Robbie so Droge-/Alkoholprobleme.. oh Hilfe.. jetzt mache ich mir Vorwürfe!!
(sie lasen: logische Schlussfolgerungen einer Frau.. JA, auch dieser Satz ist paradox bis schwachsinnig )
16.01.06, 13:09 Uhr #16 von dio
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,395427,00.ht ml

"(...)nur noch ein kleiner Warnhinweis: Ausgefallene Kosenamen bergen nämlich auch Gefahren. So kam erst vor wenigen Monaten eine Studie der US-Universität Louisville zu dem Ergebnis, dass Kleinigkeiten wie eben die penetrante Benutzung eines falschen Kosenamen viel öfter Scheidungen nach sich ziehen als etwa Seitensprünge."
17.01.06, 00:38 Uhr #17 von kroko
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