Artikel: Findet der Vogel Gnade in Norwegen? [ Film ]
24.10.2012  |   Klicks: 3128   |   Kommentare: 0   |   Autor: Dite
Findet der Vogel Gnade in Norwegen?
Der neue Film von Matthias Glasner mit Jürgen Vogel lief am vergangenen Sonntag - unter Anwesenheit der beiden - im Atlantis Kino Mannheim an.
Ich muss zugeben, dass ich den Film vor allem deswegen angeschaut habe, da Jürgen Vogel mitspielt, von welchem ich ein riesiger Fan bin und der dann auch noch mit anwesend im Atlantis Kino war.
Doch auch als ich mich vorab informierte und feststellte, dass Matthias Glasner Regie führte (welcher auch schon bei "Der freie Wille" mit meinem deutschen Lieblingsschauspieler ein Projekt verwirklicht hatte) und der Trailer vielversprechend war, freute ich mich auf das, was ich zusehen bekommen würde...



Story

Niels (Jürgen Vogel), seine Frau Maria (Birgit Minichmayr) und ihr Sohn Markus (Henry Stange) wandern nach Hammerfest in Norwegen (Tausend Kilometer nördlich des Polarkreises) aus, um ihrem Leben und ihrer Liebe "eine zweite Chance" zu geben. Doch auch dort,in der Zeit an der die Sonne für 2 Monate nicht mehr am Himmel erscheint, merkt das Paar, dass die Beziehung auch durch einen Ortswechsel nicht mehr aufgefrischt werden kann. "Schweinehund" Niels stürzt sich in die nächste Affaire und auch sonst scheint es das Familienglück nicht zu geben und gleicht vielmehr der Landschaft, welche sie umgibt.

Doch dann passiert es, dass Maria jemanden oder etwas in der Dunkelheit überfährt und begeht nach einem Moment des Zögerns Fahrerflucht. Aus den Nachrichten erfährt sie, dass ein 16-jähriges Mädchen gestorben ist - trotzdem möchte sich aber nicht stellen. Außer ihr weiß nur Niels, welchem sie sich anvertraut hat, von diesem schrecklichen Unfall.



Analyse

Die schauspielerische Leistung ist umwerfend. Jürgen Vogel nimmt man sofort ab, dass die Rolle des untreuen Vaters wie für ihn gemacht ist - daher nicht verwunderlich, dass dies eine Frage war die im anschließendem Gespräch aus dem Publikum kam ("Ähneln Sie ihren Charakteren?"). Und dafür dass er sich durch eisige Kälte schlagen musste gibt es noch ein Herzchen mehr.
Birgit Minichmayr absolviert meiner Meinung nach Glanzleistung. Das Gefühlsspiel mehr als überzeugend, in keinem Moment unglaubwürdig und voller Emotion. Und norwegisch hat sie auch gelernt!
Nicht zu vergessen der Nachwuchsschauspieler, Henry Stange bei dem Matthias Glasner wirklich einen Glückstreffer gelandet hat.

Zunächst: Es geht viel mehr um die Charaktere an sich und das innerliche Ringen mit sich selbst, als dass es der Plot vielleicht vermuten lassen würde.
Schon von Anfang an werden die Personen charakterisiert. Wichtig ist das was in den Leuten vorgeht und wie sie sich über den Film hin entwickeln - was für mich den Film besonders sehenswert macht und doch das ist was ich in vielen Filmen vermisse.
Mein Freund, mit welchem ich im Kino war, war allerdings nicht so begeistert und meinte er sei zu lang. Ja, er hat Längen.
In langen Einstellungen und Bildern werden viele Szenen lange stehen gelassen - doch mich hat das zu keinem Zeitpunkt gestört. Durch die schauspielerische Leistung macht es den Film so nur noch authentischer und lässt Raum zum erleben und nachdenken.
Noch dazu bietet der Film umwerfend schöne Naturaufnahmen, welche einen ungeheuren metaphorischen Wert haben und so die Entscheidung es nicht wie im Original (von Kim Fupz Aakeson) in Kopenhagen spielen zu lassen genau die Richtige war.

"Gnade" stimmt nachdenklich und stellt ethische Fragen.
Es erinnerte mich daran, wie wir damals im Ehtik Unterricht "Der freie Wille" diskutiert haben und wird nun sicherlich auch ein gutes Diskussionsthema sein - ob das Ende nun logisch oder unlogisch ist und wie man wohl selbst handeln würde! Es geht um den Menschen an sich. Ethikempfinden, Schuld, Reue, Sühne und eben: Gnade (und nicht nur die des eigentlichen Plots)

Ein paar wenige Abzüge gibt es für einige Handlungsstränge, die für mich eher wie eine Spielerei wirkten und oft gar nicht wirklich wichtig für den eigentlichen Verlauf oder gar das Ende waren. Ich fragte mich nach dem Sehen "Warum?". Vielleicht hätte man hier ein paar Längen rausnehmen können - gleichzeitig ist mir aber auch klar, warum diese drin sind und die Spannung erhalten.
Und auch die parallel verlaufenden Geschichten, die im Prinzip das gleiche aussagen, nur in anderer Hinsicht wirken doch etwas stelzig.
Auch weiß ich ehrlich gesagt nicht ganz wie ich das Ende finde. Unlogisch vielleicht und doch erfrischend anders - aber ich möchte nicht zu viel verraten.

Fazit

Mir hat der Film sehr gut gefallen! Mal wieder eine willkommene Abwechslung zum sonstigen Mainstream-Kino! Noch dazu konnte er einige Sympathie-Punkte durch die beiden Anwesenden Filmprofis sammeln, die fleißig Fragen beantwortet haben.
Es ist sicherlich nicht für jedermann was - soll es aber wohl auch gar nicht sein! Ein Drama, welches zum nachdenken anregt - über sich selbst! Für alle Fans von "Der freie Wille" derzeit zu sehen im Atlantis Kino in Mannheim!
Jürgen Vogel und ich nach der Filmvorführung © Dite
 
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